
BAG-Urteil vom 30.01.2025 – 2 AZR 68/24 -
Schon immer raten wir unseren Mandanten, sich in Fällen, in denen es auf den Nachweis des Zuganges eines Schreibens ankommt, nicht auf ein Einwurf-Einschreiben zu verlassen. Unsere diesbezügliche Einschätzung wurde nun durch das Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 30.01.2025 bestätigt.
Die Vorlage des Sendungsnachweises in Kombination mit der Online-Sendungsverfolgung reicht nicht aus, um einen Anscheinsbeweis dafür zu erbringen, dass das entsprechende Schreiben dem Empfänger auch tatsächlich zugegangen ist. Bestreitet der Empfänger den Zugang dieses Schreibens, kann der Nachweis des Zuganges nicht mit den zuvor genannten Mitteln erbracht werden.
Das BAG ging in der oben genannten Entscheidung auch auf Urteil des BGH vom 11.05.2023, V ZR 203/22, ein, in welchem der BGH den Anscheinsbeweis bei Verwendung eines Einwurf-Einschreibens gesehen hatte. Im dort zu entscheidenden Sachverhalt lag die Besonderheit allerding darin, dass der Übersender des Schreibens auch einen besonderen Auslieferungsbeleg vorlegen konnte. Dieser war kombiniert damit, dass auf dem Auslieferungsbeleg auch das sogenannte „Peel-Off-Label“ (Abziehetikett) geklebt war, welches zur Identifizierung der Sendung diente und der Postangestellte den Auslieferungsbeleg nach dem Einwurf mit seiner Unterschrift und der Datumsangabe der Zustellung versehen hatte.
All dies war in der BAG-Entscheidung nicht gegeben. Wie das BAG in einem solchen Falle entschieden hätte, hat es in seinem Urteil explizit offengelassen.
In jedem Falle bleiben wir bei unserer Einschätzung und unserem Rat, wichtige Schreiben wie Kündigungen dem Empfänger per Boten zuzustellen. Ansonsten verbleibt grundsätzlich ein erhebliches Restrisiko dafür, dass der Zugang des Schreibens im Bestreitensfalle nicht nachgewiesen werden kann.
Auch wenn sich die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes möglicherweise für Außenstehende wie Pedanterie anhört, darf ich dennoch aus meiner persönlichen Praxis berichten, dass ich einen entsprechenden Fall bereits selbst erlebt habe.
Mangel anderer Möglichkeiten, mussten wir einmal ein nicht so wichtiges Schreiben als Einwurf-Einschreiben übersenden. Anschließend ergab die Onlineabfrage, dass das Schreiben angeblich zu einem bestimmten Tag an einem bestimmten Datum zugegangen sei. Gut 10 Tage später erhielten wir dann den Originalbrief mit dem Hinweis „Nicht zustellbar“, da der Empfänger unbekannt verzogen sei, zurück. Dies zeigte recht eindrucksvoll, dass der Onlineabfrage tatsächlich keinerlei Beweiswert zugemessen werden darf.
Gerne beraten wir Sie hierzu.
Ihr Fachanwalt für Arbeitsrecht in Gelsenkirchen
Helge Nitsche